Wir sind Anwohner*innen, Mieter*innen, Nachbar*innen rings um die Westendallee 77-91 in Berlin-Charlottenburg.
Auf der denkmalgeschützten Grünfläche dieser Wohnanlage aus den 1920er Jahren plant die landeseigene GEWOBAG den Bau von 184 Wohnungen (Stand: März 2022). Unterstützen Sie uns, bevor dadurch städtebaulich (1), politisch (2) und auch stadtökologisch (3) unvertretbare Fakten geschaffen werden.
1. Die Wohnanlage wurde in den 1920er Jahren im Zuge der Architekturbewegung „Neues Bauen“ als Gesamtanlage mit Kleingärten errichtet, ein städtebauliches und sozialpolitisches Gegenkonzept zu den damals stark verbreiteten Hinterhöfen. Jeder Wohnung wurde ein kleiner Mietergarten (80-100qm) zugeordnet. 1995 wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt. In der Begründung zum Denkmalschutz heißt es abschließend: „Die Reichsbank-Siedlung gehört zu den herausragenden Wohnanlagen der frühen Nachkriegszeit in Berlin nach 1918.“ Auch die Expertengruppe des Denkmalbeirats Charlottenburg-Wilmersdorf empfiehlt eine Ablehnung der Bebauung der Mietergärten, „weil dadurch die vorbildhafte Konzeption der Einheit ihrer untrennbaren Bestandteile Wohnung und (Nutz-)Garten zerstört würde“.
2. Die Wohnanlage hat eine wechselvolle Geschichte. In den Jahren 1993/94 übernahm die Bendzko-Immobiliengruppe die Wohnanlage und nahm eine grundbuchliche Abtrennung des hinteren Gartengrundstücks der Anlage vor mit dem Ziel es zu bebauen. Im Jahre 2013 wurde dieses knapp 9000 qm große Grundstück im Rahmen eines Insolvenzverfahrens für ca. 75 000 Euro „als nicht überbaubare Erholungsfläche“ versteigert. Das Hammergrundstück (ca. 400 m lang und nur 22 m breit, eingerahmt durch Bahntrasse, Kleingärten und Bestandsgebäude) wurde anschließend an die landeseigene GEWOBAG für gemunkelt knapp eine Million Euro weiterverkauft. Es stellte sich heraus, dass es sich nicht um eine Erholungsfläche sondern laut Baunutzungsplan für Berlin von 1958 um Bauland handelt. Das Bauvorhaben der GEWOBAG lässt keinen städtebaulichen Anspruch und keine Verträglichkeit gegenüber den alten Bestandsbauten erkennen, an die zum Teil bis auf 12 m herangebaut werden würde. Das, was den Baustil der Architekturbewegung „Neues Bauen“ auszeichnet -Vermeidung von engen Hinterhofverhältnissen- würde hier in seiner schlimmsten Ausprägung geschaffen werden.
3. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Städtische Grünflächen fördern Luftzirkulation und mindern den Hitzestress. Sie tragen dazu bei, die Wassermassen bei immer häufigerem Starkregen zu bewältigen und die Kanalisation zu entlasten. Der Erhalt von Stadtgrün und Grünflächen, der Schutz von Bäumen, der Erhalt der Artenvielfalt und sozialen Begegnungsräumen ist elementar. Grünflächen lassen sich nicht ohne Weiteres anlegen, es bedarf vieler Jahrzehnte bis ein Biotop und Lebensraum sich entwickelt. Unsere langjährig gewachsene Gartenanlage mit sehr altem Baumbestand bietet Lebensraum für eine Vielzahl an Pflanzen, Vögeln, Insekten und anderen Wildtieren. Der Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses, „Urban Gardening“ in der Stadt zu verwurzeln, wird hier bereits seit vielen Jahren gelebt. Solche Lebensräume machen unser Berlin zukunftsfähig, attraktiv und lebenswert! Eine kleine Übersicht der Tiere und Pflanzen, die hier zuhause sind, haben wir in „Flora und Fauna“ zusammengestellt.
Die zentralen Kennzeichen der Architektur des „Neuen Bauens“ sind die lichte und luftige Bauweise sowie bewusst eingeplante Grünflächen. Eine Bebauung der Gartenanlage und Verdichtung stehen dem Konzept des „Neuen Bauens“ aber auch dem Denkmalschutz der Wohnanlage und dem Klimaschutz entgegen. Wir finden, dass Denkmalschutz und Stadtenwicklung zusammen gehören und eine gestalterische Aufgabe sind.
Für weitere Informationen und für Gespräche steht Ihnen die Bürgerinitiative Grüne Westendallee e.V. sehr gerne zur Verfügung.
i.V. Der Vorstand